Auch heute tauchen in vielen Arbeitszeugnissen noch Formulierungen auf, die mehr andeuten, als sie auf den ersten Blick aussagen. Ob gewollt oder ungewollt – sie können zu Missverständnissen führen und Ihre positive Bewerbung beeinflussen. Darum stellt sich die Frage: Wie sehen Codierungen im Arbeitszeugnis aus und wie kann ich solche Codierungen frühzeitig erkennen und richtig einordnen, damit mein Zeugnis nicht einen falschen Eindruck hinterlässt?
Warum sind Codierungen im Zeugnis problematisch?
Ein Arbeitszeugnis soll eigentlich sachlich, wahrheitsgetreu und wohlwollend sein. Aber was passiert, wenn versteckte Hinweise eingebaut werden? Bewerbende fragen sich dann, ob ihre Leistungen schlechter bewertet wurden, als sie selbst erlebt haben. Arbeitgebende wiederum könnten zwischen den Zeilen nach negativen Signalen suchen. Wieso also nicht auf absolute Klarheit setzen, damit beide Seiten Sicherheit gewinnen?
Welche klassischen Codierungen gibt es in Leistungsbeurteilungen?
Viele Menschen fragen sich: Was bedeutet es, wenn im Zeugnis steht «stets bemüht» oder «zu unserer Zufriedenheit»? Ist das positiv oder eher kritisch gemeint? Folgende Beispiele zeigen, wie häufig verwendete Sätze interpretiert werden können:
Wie sehen Codierungen im Arbeitszeugnis aus?
- «Frau Kaeser war stets bemüht, ihre Aufgaben gut zu erfüllen.» – Bedeutet das, dass die Leistung nicht wirklich genügte?
- «Frau Meier erledigte die Aufgaben zu unserer Zufriedenheit.» – Klingt neutral, aber heisst das nicht eigentlich, dass es nur knapp ausreichte?
- «Herr Schneider erfüllte die Aufgaben zu unserer guten Zufriedenheit.» – Ist «gut» in diesem Zusammenhang schon schwach, wenn man weiss, dass es auch «vollste Zufriedenheit» gibt?
- «Frau Tobler gab ihr Bestes, die Aufgaben zu erfüllen.» – Heisst das am Ende, dass sie es nicht geschafft hat?
- «Herr Moser zeigte Interesse und Initiative.» – Klingt positiv, aber warum wird nichts über die Ergebnisse gesagt?
- «Er legte Wert auf gute Organisation.» – Könnte das darauf hindeuten, dass er gerade dabei Probleme hatte?
- «Er war sehr einfühlsam gegenüber Mitarbeitenden.» – Klingt nett, aber warum wird seine Professionalität oder Teamfähigkeit nicht klarer beschrieben?
Die entscheidende Frage bleibt: Wieso nicht gleich offen schreiben, dass jemand die Aufgaben erfolgreich, zielorientiert und in guter Qualität erledigte?
Wie zeigt sich eine Codierung im Austrittsgrund?
Wer ein Zeugnis liest, fragt sich oft: Weshalb hat die Person die Stelle verlassen? War es eine eigene Entscheidung, eine Kündigung durch die Firma oder ein einvernehmlicher Entscheid? Hier liegt grosses Potenzial für Codierungen. Beispiele:
- «Im gegenseitigen Einvernehmen.» – Klingt diplomatisch, bedeutet das aber nicht meist eine Kündigung durch die Firma?
- «Auf eigenen Wunsch.» – Ist das nicht der klarste Hinweis, dass die Mitarbeiterin selbst gekündigt hat?
- «Nach gegenseitigem Einvernehmen.» – Heisst das nicht eigentlich, dass man sich von ihr trennen wollte?
- «Auf eigenen Wunsch, wir bedauern den Austritt.» – Bedeutet das nicht, dass die Firma sie gerne behalten hätte?
Die Frage ist also: Wieso nicht einfach klar und transparent schreiben, was wirklich der Fall war?
Was bedeutet «beredetes» oder «qualifiziertes Schweigen»?
Wer ein Zeugnis analysiert, stellt sich oft die Frage: Warum fehlt ein bestimmter Punkt? Warum wird zum Beispiel nichts über das Verhalten gegenüber Vorgesetzten gesagt? Hat der Schreiber es vergessen – oder absichtlich weggelassen? Genau hier spricht man vom «beredeten Schweigen».
Aber was heisst das konkret?
- Wird nur das Verhalten gegenüber Kundschaft erwähnt, aber nichts über Vorgesetzte und Team – könnte das ein stiller Hinweis auf Probleme sein?
- Wenn es heisst «das Verhalten war korrekt» – warum fehlen dann Worte wie «freundlich», «lösungsorientiert» oder «hilfsbereit»?
Die entscheidende Frage ist: Ist das Weglassen erlaubt? Ja – aber nur, wenn Dritte oder die betroffene Person ohnehin darüber Bescheid wissen. Sonst wirkt es wie eine versteckte Botschaft.
Wie kann ein Zeugnis fair und eindeutig formuliert sein?
Viele fragen sich: Wie vermeidet man Missverständnisse und sorgt dafür, dass ein Zeugnis wirklich ausgewogen ist? Folgende Grundsätze helfen:
- Warum nicht konkret beschreiben, welche Resultate erreicht wurden, statt allgemeine Phrasen zu verwenden?
- Wieso Leistung und Verhalten nicht klar trennen – erst Aufgaben und Erfolge, dann Zusammenarbeit?
- Warum nicht durchgehend gleiche Bewertungsmassstäbe nutzen, statt mal «stets» und mal «in der Regel»?
- Wieso nicht auf Begriffe wie «bemüht» verzichten und gleich «zielorientiert» oder «zuverlässig» schreiben?
- Und weshalb nicht eine klare Schlussformel mit Dank, Bedauern und guten Wünschen aufnehmen?
Welche Fragen sollte ich mir bei der Prüfung meines Zeugnisses stellen?
- Ist das Zeugnis vollständig – Funktion, Zeitraum, Aufgaben, Leistung, Verhalten, Austrittsgrund?
- Passen die Formulierungen zu meiner tatsächlichen Verantwortung und meinen Erfolgen?
- Wirkt der Text durchgehend konsistent, ohne Brüche zwischen Einleitung, Hauptteil und Schluss?
- Gibt es zweideutige Begriffe, die man klarer formulieren könnte?
- Stimmt die Schlussformel mit der Gesamtbewertung überein?
- Sind Formalien wie Datum, Unterschrift und Firmenpapier korrekt?
Welche Formulierungen sind zeugnistauglich ohne doppelten Boden?
Viele Arbeitnehmende fragen sich: Wie sollte ein Satz formuliert sein, damit er professionell klingt, aber keine versteckten Botschaften enthält?
- Leistung: Warum nicht klar schreiben: «Frau Muster erreichte ihre Ziele zuverlässig und in hoher Qualität»?
- Arbeitsweise: Wieso nicht sagen: «Herr Beispiel arbeitete selbstständig, sorgfältig und effizient»?
- Sozialkompetenz: Warum nicht direkt: «Im Umgang mit Vorgesetzten, Kolleginnen und Kunden war Frau Muster stets professionell und respektvoll»?
- Austritt: Wieso nicht schreiben: «Herr Beispiel verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir danken ihm für die sehr gute Zusammenarbeit und wünschen ihm alles Gute und weiterhin viel Erfolg»?
Was ist das Fazit zu Codierungen im Arbeitszeugnis?
Die letzte Frage lautet: Was lernen wir daraus? Codierungen führen oft zu Unsicherheit und Spekulationen. Wer Wert auf ein klares, faires Zeugnis legt, sollte zweideutige Begriffe vermeiden, fehlende Punkte ergänzen und auf nachvollziehbare Formulierungen setzen. Damit wird das Zeugnis zu dem, was es sein soll: eine verlässliche, sachliche und wertschätzende Beurteilung – ohne versteckte Botschaften. Daher ist eine professionelle Prüfung des Arbeitszeugnisses umso wichtiger.